reingelegt....
zimt und bratapfel
in der duftlampe
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holz vor der hütte die nachbarn helfen schichten und machen scherze
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sie geht kühl vorbei
seinen blick nach sich ziehend
ich bemerke es
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verbrennungsöfen...
jemand packt mich am ärmel
schiebt mich ins freie
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SONJA BENATZKY / DAS FLUESTERN DER GEISTER
DIE MEISTERIN DER TRANCE
....oder wie eine Pflasterbrille entsteht.
Arschloch!
Die folgende Geschichte erzählt von einer Frau, die ich bei einer Urlaubs-Aktion einer Wiener Behindertenwerkstätte kennen lernen durfte, die ich als Betreuerin für dreizehn schwerstbehinderte Menschen begleitete.
Ei jeijei, ei, Ei jeijei,ei, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, mit dem Kopf vor- und zurückschaukelnd zwirbelt sie dabei ein Pflaster um einen kaputten Sonnenbrillenbügel, tastend, schaukelnd, singend, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, ei, Ei jeijei.
Über dem rechten Auge eine durchsichtige Plastik-Piratenklappe, wegen der Operation vor ein paar Tagen. Sie ist so gut wie blind. Grauer Star. Aber das scheint sie nicht sonderlich zu interessieren. Interessant dagegen sind die Pflaster und fasziniert schaue ich zu, wie sie immer wieder Pflaster zwirbelt, um die Brille, um die Finger, aufeinandergeklebt, wieder auseinander gerissen, hundertmal zwischen den Fingern gerollt und betastet. Auf dem Kopf zwischen ihren schwarzen kurzen Haaren kahle Stellen, an den Füßen alte Turnschuhe, einer mit rosarotem Schuhband, einer mit schwarzem, eine Hose, die mit einem braunen Ledergürtel am schmalen Körper gehalten wird.
Aus dem Radio ertönt ein Lied von “DÖF“ : Da da da - aha aha aha - woraufhin sie schrill mit “Nein, nein, nein!!! “ antwortet. Ihre Stimme ist immer etwas schrill. Ich lache. Gini ist ein Unikat.
Zwirbel, zwirbel, zwirbel, schaukel, schaukel, Kopf schräg, dann sagt sie todernst: “Brauchst a Watsch`n?“ Ich antworte: “Nein Gini, heute nicht mehr - vielleicht morgen.“ Sie nickt, lächelt, zwirbel, zwirbel, schaukel, schaukel, schaukel, eine kurze Bewegung, um sich die klebrigen Finger an der Hose abzuwischen, zwirbel, zwirbel, schaukel, schaukel, mit der anderen Hand kurz getastet, ob die Zuckerbeutel noch in der kleinen Seitentasche des Fischerhutes auf ihrem Kopf stecken.
Ja, sie sind noch da; Zucker ist wichtig. Schaukel, schaukel, zwirbel, wisch, tastend nach der ungewohnten Augenklappe - akzeptiert. Zwirbel, zwirbel, schaukel, schaukel, schaukel, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, ..... zur Entspannung. Dann ein Griff nach hinten in die Hosentasche. Die neue Sonnenbrille von gestern sieht heute aus wie... naja, wie eine kaputte Sonnenbrille. Die Gläser sind irgendwo in ihren Taschen verschwunden, die Bügel mit Pflastern angeklebt. Tastend stellt sie fest: “Sonnebrille kaputt“! Gleichzeitig reißt sie die alten Pflaster runter, klebt sie wieder drauf, schaukel, schaukel, schaukel, schaukel, zwirbel, zwirbel, wisch, sie setzt sich die kaputte Sonnenbrille auf die Nase und dreht den Kopf wieder in meine Richtung. “I hob Di lieb. Wüst a Bussi?“ Und schon wischt sie sich den Sabbermund am dreckigen T-Shirt ab und drückt mir einen leichten Kuss auf die Wange. Große Ehre. Schaukel, schaukel, schaukel, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, ei, Ei jeijei, zwirbel, zwirbel, zwirbel, ein Griff zum Hut, Zuckerbeutel sind noch da, da fällt ihr ein: “Gini an Kakao hab`n?“ Ich hole ihr Kakao. Tastend greift sie nach dem Becher, stellt fest, dass es keine harte Tasse, sondern ein weicher Becher ist, nimmt ihn vorsichtig und leert mit der anderen Hand den Inhalt eines halben Zuckerbeutels rein, dann trinkt sie ihn mit einem einzigen großen Schluck aus, wischt sich mit der Hand über den Mund. Schaukel, schaukel. Kakao ist ja noch harmlos. Witzig wird`s für den Zuseher erst, wenn Cornflakes, Joghurt, Kakao und andere Zutaten vermischt werden, natürlich in einer viel zu kleinen Schüssel, in der sie dann heftig umrührt, sodass rundherum am Tisch alles klebt und schwimmt, während sich unter dem Tisch die klebrigen Pflasterreste und Papierfetzen anhäufen. Griff nach den Pflastern - sie werden weniger. “Gemma Gini Pflaster kaufen?“ fragt sie mich.
(Fortsetzung im Buch)
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